StartPLAY! 2022 – Jeanine Krath über die Interdisziplinäre Konferenz zu Gamification und Entrepreneurship

Am 5. und 6. August 2022 findet die StartPlay Konferenz in Koblenz statt. Doch worum wird es dabei gehen und für wen ist das interessant? Jeanine Krath ist Expertin für Gamification, forscht selbst auf diesem Gebiet und hat sich Zeit für ein Interview bei uns im TZK genommen.

Jeanine Krath von der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz.

Frau Krath, bitte stellen Sie sich kurz vor. Wer sind Sie und was machen Sie?

Mein Name ist Jeanine Krath. Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Koblenz-Landau am Campus Koblenz und arbeite dort im Institut for Scientific Entrepreneurship and International Transfer. Im Speziellen arbeite ich in einem Projekt, wo es um Wissens- und Technologietransfer in der Oberrhein Region geht und beschäftige mich daneben mit meiner Dissertation. Ich promoviere zusätzlich mit dem Thema „Gamification für nachhaltiges Mitarbeiterverhalten“.


Gamification, Nachhaltigkeit und Mitarbeiterverhalten, das heißt es geht auch um Human Ressources – ein wichtiges Thema. Wie darf man sich die kommende Veranstaltung namens „Start Play“ vorstellen, die Anfang August in Koblenz stattfinden wird?


Die „Start Play“, die in Koblenz stattfindet, ist eine Tagung. Das bedeutet eine Veranstaltung, die hauptsächlich der Vernetzung von verschiedenen Interessengruppen in diesem Bereich dient. Wir bringen Forschende zusammen, die zum Beispiel untersuchen, wie Gamification funktioniert.


Was versteht man unter Gamification?


Gamification heißt, Spielelemente einzusetzen, um damit ein bestimmtes Verhalten motivierender zu gestalten oder die Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Das kann aber auch heißen, Tätigkeiten attraktiver zu machen, die ansonsten erstmal nicht spaßig sind. Ein Thema wie Nachhaltigkeit zum Beispiel, welches schwierig und kompliziert wirken kann. Alles, wovon der der direkte Nutzen oft nicht klar ist. Was bringt das jetzt, wenn ich an bestimmte Dinge denke und mein persönliches Verhalten ändere? In der Gesamtsumme? Müsste nicht eher die Politik was tun? Müssten nicht eher die großen Unternehmen etwas tun? Was kann ich alleine schon erreichen? Gerade in solchen Fällen setzt Gamification an und möchte diese Dinge mit Spielelemente motivierender gestalten.

Ist die „Start Play“ nur etwas für Forscher:innen?

Nein, auf keinen Fall! Wir bringen Forschende mit etablierten Unternehmen oder Startups zusammen, für die das interessant ist und die sagen: „Okay, ich möchte mal wissen, was kann ich eigentlich mit Gamification tun? Kann ich das in meinen Geschäftsmodellen, Produkten oder Dienstleistungen einsetzen? Kann ich damit Ideen generieren? Kann ich damit meine Geschäftsmodelle voranbringen? Oder kann ich damit zum Beispiel auch die Nachhaltigkeit in meinem Unternehmen gestalten?“ Und gemeinsam, in diesem Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, wollen wir darüber nachdenken. Was können wir mit diesem spielerischen Ansatz auch tun in Zusammenarbeit von Unternehmen und Wissenschaft, um gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen?

Gilt das für alle Unternehmen, die daran interessiert sind oder nur für bestimmte Branchen?

Die Veranstaltung ist selbstverständlich offen für jeden, der sich dafür interessiert. Grundsätzlich würde ich sagen, insbesondere für kleine Unternehmen, die noch in der Findungsphase sind. Es ist eine sehr interessante Sache, sich zu überlegen: Wie kann ich Gamification zum Beispiel in digitale Geschäftsmodelle einbauen? Auch für etablierte Unternehmen ist es super spannend, die sagen: „Ich möchte mich weiterentwickeln. Ich möchte vielleicht in den digitalen Raum gehen, meine Kundenbeziehungen im digitalen Raum ausbauen.“ In all solchen Fällen sind Spielelemente häufig ein motivierendes Mittel, um die Beziehungen zu stärken.

Gibt es Bereiche, in denen Gamification eher nicht von Vorteil ist?

Ja, für Unternehmen im B2B-Bereich. In solchen sehr seriösen Businesspartner-Beziehungen kann Gamification auch mal unseriös wirken. Da muss man aufpassen. Gamification kann motivierend sein und ist es insbesondere für Endverbraucher, die also keine professionelle Beziehung mit Unternehmen pflegen. Im professionellen Kontext sind solche Dinge manchmal auch mit Vorsicht zu genießen.

Was muss man tun, um an der Tagung teilnehmen zu dürfen?

Sie ist für jeden offen, man muss kein Unternehmensvertreter sein. Wir richten uns durchaus auch an Interessierte aus der Politik oder aus öffentlichen Organisationen, die sich dafür interessieren. Wie kann ich das zum Beispiel in meiner Institution einsetzen? Zum Beispiel auch im Bereich Open Government. Wenn es darum geht, Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen oder in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, ist Gamification auch ein Mittel der Wahl, das sogar auch häufig schon eingesetzt wird, zum Beispiel in Ideenwettbewerben. Aber auch wenn ich zum Beispiel Start-ups fördere, Gründungsförderer bin oder ein Netzwerk darstelle, das sich damit beschäftigt, was es an neuen Methoden oder neuen Tools gibt, die Start-ups verwenden können.

Gutes Stichwort. Auch das TZK ist mit dabei.

Ganz genau. Das TZK ist ja eine Förderung für Start-ups, bietet also Raum, bietet Unterstützung, bietet Workshops. Herr Hagge als Geschäftsführer des TZK und auch Mitarbeiter der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Koblenz wird auf der „Start Play“ die Abendveranstaltung mitgestalten. Er wird eine Rede halten zum Thema Gründungskultur hier bei uns in Koblenz und wird dann gemeinsam mit Wissenschaftlern, aber eben auch mit dem Publikum darüber diskutieren, was Gamification in Zusammenhang mit Entrepreneurship für Potenziale bietet.

Wie schätzen Sie es ein: Ist der Bedarf seitens der Unternehmen vorhanden oder muss man ihnen erst zeigen, dass es sich lohnt, sich mit diesem Thema zu befassen?

Meine persönliche Einschätzung ist, dass eine gewisse Neugier gegenüber dem Thema durchaus vorhanden ist. Das zeigte sich mir, als ich Teilnehmer für die Dissertationsstudie gesucht habe, was über die Transferstelle an der Universität Koblenz lief. Auch über den Marketing Club Rhein-Mosel haben sich durchaus interessierte mittelständische Unternehmen aus der Region gemeldet. Wissen darüber ist recht wenig vorhanden, obwohl uns allen Spielelemente und Spielmechaniken im Alltag omnipräsent sind. In praktisch jeder zweiten Smartphone-App sind Spielelemente mit drin. Das heißt, es ist ein Thema, das uns überall begleitet und das jeder kennt und weiß, wie es funktioniert.

Wie kann man als Unternehmen Gamification nutzen?

Intern zum Beispiel für die Mitarbeitermotivation oder extern für die Kundenbindung. Gar nicht präsent ist das fürs Thema Nachhaltigkeit. Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen in ihre Nachhaltigkeitsstrategie einbeziehen wollen, wissen sie nicht, dass man dafür wunderbar Spielelemente nutzen kann.

Es wird immer schwieriger an gutes Fachpersonal oder auch an Auszubildende zu kommen. Kann Gamification da helfen?

In Kommunikation mit bestehenden Mitarbeiter: innen macht es Sinn, in Personalprozessen Gamification einzusetzen. Das klassische Beispiel sind Weiterentwicklungsprogramme, die motivierend gestaltet werden. Sehr erfolgreich sind tatsächlich strukturierte Lernprogramme, in denen sich die Mitarbeitenden praktisch von Thema zu Thema arbeiten und in ihrem Profil Abzeichen dafür sammeln. In dem Thema habe ich eine Auszeichnung, in dem Thema habe ich eine Auszeichnung, das habe ich erreicht. Was ist jetzt sozusagen im Skill-Tree der nächste Schritt? Was sind meine nächsten Ziele? Man nutzt dabei also Spielmechaniken, um solche Weiterbildungsprogramme attraktiv und spielerisch zu gestalten und damit aber auch klar aufzuzeigen, wie die Wege sind und wie ich mich weiterentwickeln kann in diesem Unternehmen. Das funktioniert auch mit Karriereprogrammen, wobei die häufig nicht so linear gestaltet und entsprechend vielleicht etwas schwieriger sofort zu definieren sind. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es den jungen Leuten darauf ankommt, dass sie etwas Sinnvolles machen, also dass sie nicht nur arbeiten, um Geld zu verdienen, sondern dass sie sich in einem vernünftigen Unternehmensklima bewegen und ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Dazu gehört eben häufig auch, dass ihnen klar wird: Was erreiche ich hier, wann, in welcher Form? Was bringt mir das Unternehmen?

Wenn man Ihnen zuhört, möchte man Unternehmen dazu raten, sich von Wissenschaftlern beraten zu lassen.

Auf jeden Fall. Ich kann das an der Stelle nur jedem Unternehmen empfehlen. In aller Regel sind wissenschaftliche Projekte ja etwas, wofür Fördergelder gewonnen werden können. Es gibt viele Forschungskooperationen zwischen Unternehmen und Forschungsinstitutionen, wo man zum Beispiel sagt: „Lasst uns gemeinsam ein Programm konzipieren und lasst es uns mal ausprobieren.“ Das Ganze wird dann auch wissenschaftlich evaluiert. Das heißt, man sitzt als Unternehmen nicht da und sagt: „Ach ja, war ja schön und was hat es jetzt gebracht?“ Man erhält konkrete Ergebnisse. Insbesondere für neue Ideen, für unkonventionelle Ideen und zum Ausprobieren von verschiedenen Lösungen bietet sich die Wissenschaft für Unternehmen immer sehr an. Sonst landen gerade innovative Ideen im Papierkorb, weil man Angst vor Fehlern und kein Geld hat. Das verhindert Innovationen. Deshalb kann ich jedem Unternehmen, ob groß oder klein, immer sehr ans Herz legen, sich mit den Unis und Hochschulen und Forschungseinrichtungen in der eigenen Region auszutauschen und zu schauen: Was kann man denn vielleicht mal gemeinsam ausprobieren?

Und wenn man jetzt neugierig geworden ist und zur Tagung kommen möchte, wie kann man sich diese zweitägige Tagung vorstellen?

Wer an der Konferenz teilnimmt, darf sich aussuchen, woran er interessiert ist. Im wissenschaftlichen Programm werden von verschiedenen Forschenden aus ganz Deutschland aktuelle Studien gezeigt und vorgestellt, die im Bereich Gamification in Unternehmen oder für Nachhaltigkeit gerade durchgeführt werden. Was hat man also Neues herausgefunden und was hat man entdeckt? Da kann man sich zum Beispiel auch Inspiration holen. Was könnte ich als Unternehmen zusammen mit Forschungsinstitutionen machen? Andererseits gibt es das Praxis-Programm. Das soll Gamification ein bisschen learning by doing vermitteln. Die Teilnehmer:innen entwickeln in drei miteinander verknüpften Praxis-Workshops gemeinsam ein Spiel in Teams für das Thema Nachhaltigkeit. Das heißt, wie kann man gesellschaftliche Herausforderungen und speziell das Thema Nachhaltigkeit spielerisch angehen? Gamification einfach mal spielerisch erleben. Zusätzlich haben wir spannende Keynotes und blicken in die aktuellsten Entwicklungen der Gamificationforschung. Da ist das Thema Metaverse. Wir gehen also von Spielelemente weg in virtuelle Spielwelten. Was sind das für Potentiale, die sich dort für Unternehmen auftun? Was bedeutet Meta-Business? Wir werden viel Austausch haben auf dieser Konferenz. Am Freitag werden verschiedene Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammenkommen und sich in einem Messe-Format vorstellen. Sie werden Prototypen mitbringen, mit denen man schauen, ausprobieren und erleben kann, was es da zum Beispiel gibt. Und sowohl Unternehmen als auch Wissenschaftler sind eingeladen zu präsentieren, was sie tun, sich Anregungen zu holen und zu diskutieren, was sie damit vielleicht in Zukunft weitermachen können.

Fürs leibliche Wohl und Entertainment ist auch gesorgt, heißt es.

Natürlich. Speis und Trank wird es geben und ein Freizeitprogramm haben wir ebenfalls vorbereitet. Wahlweise ist es eine Stadtführung durch Koblenz, wobei das jetzt für die Koblenzer vielleicht nicht so interessant ist, aber fürs Publikum von weiter weg. Oder eine Wein-Wanderung mit dem Weingut Schwaab, bei der es einfach noch mal ein bisschen mehr um diesen informellen Austausch gehen soll. Auch auf der Abendveranstaltung mit dem Sektempfang abends. Es ist also nicht nur ein rein formelles Programm, in dem man von Workshop zu Workshop geht, sondern es geht da vor allem darum, die Menschen dahinter kennenzulernen und sich zu vernetzen. Mir ist wichtig, das herauszustellen. Das Ganze soll Spaß machen. Man soll Menschen kennenlernen, mit denen man Lust hat, etwas zu gestalten.

Und das alles auch im Sinne der Region.

Ganz genau so ist es. Es geht ja darum, auch zu zeigen, dass Koblenz eine Gründerregion ist und was bei uns in der Region alles passiert. Und letztlich ist es so: Je mehr Forschung und Zusammenarbeit mit Unternehmen in unserer Region stattfindet, desto mehr treibt es ja auch die Region voran. Je erfolgreicher unsere Unternehmen in der Region sind, desto besser für alle. Und wenn wir gemeinsam überlegen und daran arbeiten, wie wir zum Beispiel auch Nachhaltigkeit in unserer Region gestalten können, dann profitiert am Ende jeder Bürger und jede Bürgerin rund um Koblenz davon. Natürlich bekommt die Uni Koblenz darüber hinaus auch Sichtbarkeit in ganz Deutschland durch so eine Veranstaltung, die deutschlandweit ist. Das muss man auch betonen.

Deutschlandweit. Das bedeutet, es kommen Wissenschaftler aus ganz Deutschland hierhin und auch Unternehmen werden überregional kontaktiert.

Ganz genau so sieht es aus. Wir haben auf jeden Fall Wissenschaftler:innen von ganz verschiedenen Universitäten aus ganz verschiedenen Teilen Deutschlands dabei und auch Unternehmen, die sich bereits angemeldet haben, die zum Beispiel aus München oder Berlin kommen.

Liebe Frau Krath, wir freuen uns auf die Veranstaltung und danken Ihnen für das Gespräch.

Zu hören ist sie überall, wo es Podcasts gibt. Und hier: