Gesunde Hautpflege für Mensch und Tier

Interview mit Doderm-Gründerin Beatrix Förster

Die TZK-Community wächst. Zu den neusten Start-ups in unserem Haus gehört Doderm. Das BioTech-Unternehmen mit dem Produkt ​​”Doderm Hydro RepairGel” wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und gewann den ersten Platz beim Gründerpreis “Pioniergeist 2023”. Doch wie und warum gründen Wissenschaftler? Im Gespräch mit Gründerin und Geschäftsführerin Beatrix Förster wird die Entstehungs- und Erforschungsgeschichte der Doderm GmbH deutlich.

Beatrix Förster, Gründerin und Geschäftsführerin der Doderm GmbH.
Beatrix Förster in ihrem Büro der Doderm GmbH im TZK.

Frau Förster, Sie sind erfolgreiche Forscherin. Wollten Sie schon immer ein eigenes Unternehmen haben?

Ja, denn ich wollte etwas erforschen und entwickeln, das Menschen hilft. Mein Doktorvater hatte selbst mehrere Unternehmen und nicht zuletzt meine Zeit in Stanford hat mich geprägt. Dort bewegte ich mich zwischen Uni und Firmen. Der Unternehmergeist war spürbar und es galt absolut nicht als exotisch, Wissenschaftler und zugleich Unternehmer zu sein.

Was macht Doderm?

Wir entwickeln und bieten Produkte für Tiere und Menschen mit Hautproblemen. Unsere Produkte zielen auf eine gesunde Hautflora ab, sodass bei Tieren insbesondere Antibiotika eingespart werden können und bei Menschen Kortison seltener zum Einsatz kommt.

Mit welchem Wirkstoff ist das möglich?

Unser Schlüsselwirkstoff wird aus der frühen Kuhmilch gewonnen, die Colostrum heißt. Das ist nicht die Milch aus dem Supermarkt, sondern die Milch in den ersten Tagen nach dem Kalben. Davon gibt es mehr als ein Kälbchen benötigt, und da es sich dabei um kein Lebensmittel handelt, werden üblicherweise große Mengen davon weggeschüttet. Statt diesen Überschuss wegzukippen, nutzen wir ihn für unsere Produkte.

Entnehmen Sie dieser frühen Milch bestimmte Stoffe?

Wir entnehmen nur die Antikörper, denn diese haben Wirkung auf die Bakterien der Haut. Sie wirken auf die Giftstoffe ein, die die Bakterien freisetzen, also die schädlichen Hauptakteure.

Wie ist diese Idee oder Entdeckung entstanden?

Das hat einige Jahre gebraucht. Ich habe sehr lange an Antikörpern geforscht, als Medikament oder zum therapeutischen Einsatz, und habe auch in einer Firma gearbeitet, die Antikörper für die Krebstherapie entwickelt. Dabei fiel mir auf, dass Menschen mit Krebs sehr anfällig sind für Infektionskrankheiten. Viele Menschen verlor man an multiresistenten Infektionen. So wurde die Idee geboren, man könnte die Antikörper, die gegen Krebs eingesetzt werden, auch gegen die antibiotikaresistenten Infektionen einsetzen. Das ist aber nicht einfach, denn eine Krebszelle ist ja eine entartete Körperzelle. Da muss man genau diesen einen Punkt finden, in dem sie sich von der Körperzelle unterscheidet, und ein Bakterium verändert sich ständig, daher braucht man eigentlich einen ganzen Cocktail von Antikörpern. Deshalb habe ich viel geforscht, mit Ärzten diskutiert und zahlreiche Gespräche mit Wissenschaftlern geführt. Dann stieß ich auf eine Firma in Boston.

Inwiefern hat die Bostoner Firma Ihre Forschung weitergebracht?

Sie haben Antikörper aus der Kuhmilch genommen, aber nicht gegen Infektionskrankheiten eingesetzt, sondern für Kinder mit chronischen Darmentzündungen. Das funktioniert, weil damit Entzündungsmoleküle gebunden werden. Da kam mir der Gedanke, dass Giftstoffe ja nicht so weit weg von Entzündungsmolekülen sind und man daher die Antikörper aus der Milch dafür verwenden könnte. Deshalb fragte ich an der Münchner Universität beim Lehrstuhl für Prozesstechnik nach, ob sie mir ein wenig Molke machen könnten. Darin habe ich nach Antikörpern geschaut.

Erkenntnis in Boston, Forschung in München – was fiel Ihnen in der Milch auf?

Ich habe gesehen: Okay, da sind schon ganz viele Antikörper vorhanden, weil die Kuh auch Infektionen mit den Staphylokokken hat. Euter-Entzündung zum Beispiel. Somit hatte ich mein Ausgangsmaterial gefunden und wusste, wohin ich wollte. Dazwischen stand ein langer biotechnischer Prozess.

Dann begannen Sie mit der frühen Kuhmilch, dem Colostrum, zu arbeiten?

Ja, diese Milch lässt sich sehr gut verarbeiten. Wir ziehen ja wie mit einem Magnet die ganzen Antikörper raus. Der Bauer freut sich, weil er für etwas, das er wegschütten würde, doch noch etwas bekommt.

Wollten Sie von Anfang an Produkte für Tiere herstellen?

Das Ziel war, etwas für Menschen herzustellen, und wir haben von Anfang an auch mit Dermatologen zusammengearbeitet. Denn um Antibiotika einzusparen, ist es am einfachsten, eine alternative Lösung zu finden, deren Wirkung sich schnell zeigen lässt. Auf der Haut kann man sehr gut beobachten, ob etwas funktioniert und sich gut applizieren lässt.

Wird in solchen Untersuchungen nicht mit Tierversuchen gearbeitet?

Durchaus, aber nicht in unserem Fall. Eigentlich wollte man tatsächlich, dass wir an einem Hunde-Modell testen, weil die Mikroflora der Hundehaut mit der Menschenhaut vergleichbar ist. Das hätte bedeutet, dass man bei einem gesunden Hund künstlich ein Ekzem erzeugt, um dann zu schauen, ob die Behandlung hilft. Doch die Tierärzte schlugen erfreulicherweise vor, dass wir direkt etwas für ihre ohnehin bereits betroffenen Patienten entwickeln. Sie sagten: “Wir haben viele unbehandelbare Hunde, die multiresistent sind und begleiten daher gerne eure Forschung, damit ihr eine Rezeptur entwickeln könnt, die für den Hund geeignet ist.” Bereits in den ersten Tests haben die Hundebesitzer gesagt, dass es funktioniert und sie das Produkt kaufen möchten. Ab da mussten wir uns mit der Regulatorik befassen.

Meinen Sie damit die Überlegung, ob es als Medizin- oder Pflegeprodukt gilt?

Richtig. Denn weil es ein Milchprotein ist, ist es als kosmetischer, sicherer Inhaltsstoff zugelassen. Daher haben wir eine weitere Entwicklungsrunde gedreht und Tierärzte interviewt, um zusätzlich zu den Antikörpern Stoffe reinzunehmen, die die Haut noch mehr unterstützen. Wir fragten: Was sind eure liebsten Pflegemittel und Inhaltsstoffe? Somit haben wir uns mit Pflanzenextrakten beschäftigt, die gegen Juckreiz helfen, die Hautregeneration fördern und so weiter.

Sie gingen iterativ vor, wie man es zum Beispiel aus der Software-Entwicklung kennt. 

Mit direktem Feedback, ja. Irgendwann kam das Pferd dazu, weil unser Mitarbeiter Pferde hat. Er probierte unser Produkt aus und stellte fest, dass es auch Pferden hilft. Wir nahmen minimale Anpassungen vor und so entstand die Salbe für Pferde.

Zu welchem Zeitpunkt haben Sie gegründet?

Als wir vor drei Jahren den Prototypen für die Hundesalbe hatten. Parallel entwickelten wir von Anfang an auch eine Rezeptur für Menschen weiter.

Wie entwickelte sich daraus die Salbe für Menschen?

Anfangs hatten wir eine ganz schlichte Rezeptur. In der Corona-Zeit fiel anderen Müttern auf, dass unsere Kinder allem Desinfizieren zum Trotz keine rissige Haut, sondern sehr gepflegte Hände hatten. Sie fragten nach dem Grund und wollten auch eine Creme haben. Also habe ich weiter zu Hause gerührt. Eine Salbe aus Antikörpern und Ölen – alles gegen Ekzeme an Kinderhänden. Dann fragte ein Mutter, warum wir das nicht auf den Markt bringen. Bisher ist es quasi ein Geheimtipp, weil wir noch kein Marketingbudget dafür eingesetzt haben.

Warum haben Sie noch keine Werbung dafür gemacht?

Weil der Markt enorm kompetitiv ist und schon sehr große Marken darin vertreten sind.

Wie sieht Ihr Plan aus?

Im ersten Schritt gehen wir auf Apotheken zu, weil man auf diese Weise das Produkt vor Ort erklären kann. Jetzt gerade komme ich vom Termin in einem Kosmetikinstitut, in dem man damit arbeiten möchte. Auch Adressen, die Tierprodukte anbieten, kamen auf uns zu, weil die Tierbesitzer gefragt haben, ob es nicht eventuell vergleichbare Produkte für sie selbst gibt.

Das heißt, dass sich die humanen und veterinären Produkte gegenseitig beflügeln?

Ja, absolut. Damit haben wir nicht gerechnet, aber es ist so. Ein Kosmetikinstitut hat uns zum Beispiel berichtet, dass eine Kundin gefragt hat, ob sie das Produkt auch ihrem Hund auf die Haut schmieren könnte. Daher hat man inzwischen auch unsere Tierprodukte vor Ort. Die Kreuzvernetzung ist groß. Wir dachten ursprünglich, dass das zwei separate Märkte sind, die man ganz unterschiedlich angehen muss.

Wie und wo bekommt man Ihre Produkte?

In unserem Webshop findet man die Produkte und an einigen Stellen in Koblenz. Wir gehen das alles Schritt für Schritt an, inzwischen auch im Ausland. Australien und die Schweiz gehören dazu. 

Warum Schweiz und Australien?

Letztes Jahr haben wir in England einen Preis für die beste Innovation des Jahres 2023 gewonnen, weshalb ein australischer Tierarzt auf uns zukam. In Belgien und den Niederlanden sind wir selbst unterwegs, aber in der Schweiz ist es mit dem Zoll schwieriger, daher haben wir dort inzwischen einen Partner, der das für uns vor Ort übernimmt. In Österreich führen wir auch gerade Gespräche.

Müssen Sie Angst haben, dass jemand Ihre Idee kopieren könnte?

Grundsätzlich kann damit immer gerechnet werden, aber die Technologiehürde ist sehr groß. Die meisten großen Mitbewerber haben entweder Ahnung von Lebensmitteltechnologie oder sind im Bereich Biotechnologie stark. Wir verbinden jedoch beides miteinander und haben natürlich auch Patente, die unsere Produkte schützen. Wir sind zudem agiler als die Großen.

Sie haben im Westerwald gegründet. Was hat Sie ins TZK geführt?

Ursprünglich habe ich quasi im Elternhaus gegründet. Für ein Biotech-Unternehmen war das jedoch kein besonders gut geeigneter Hauptsitz. Als wir 2023 im Rahmen einer neuen Finanzierungsrunde häufiger in Koblenz waren, sahen wir uns hier nach passenden Räumlichkeiten um. Ich freue mich, dass wir das TZK für uns entdeckt haben. Immer wenn ich im Büro bin, lasse ich meine Tür geöffnet und komme gerne mit anderen in Kontakt. Mir gefällt es, an einem Ort mit so vielen unterschiedlichen Start-ups zu sein.

Herzlichen Dank für das Gespräch und willkommen in der TZK-Family, wie es hier viele nennen.