Sara Zollmann wird von vielen Start-ups als „die Seele“ oder „der gute Geist“ des TZK bezeichnet. Höchste Zeit also, mit der 36-Jährigen zu sprechen, die hier seit November 2017 als Netzwerkerin und Assistentin der Geschäftsführung tätig ist.
Sara, was haben Sie beruflich gemacht, bevor Sie im TZK gelandet sind?
Ich bin gelernte Bürokauffrau und habe an der VWA BWL studiert. Zuerst arbeitete ich als Vertriebsassistentin in Diez und wechselte danach als Sachbearbeiterin in ein medizintechnisches Unternehmen. Nichts davon hatte mit Start-ups und der Koblenzer Gründerszene zu tun.
Worin unterscheidet sich die Arbeit im TZK von Ihren vorherigen Arbeitsstellen?
In meinen vorherigen Tätigkeiten war alles durchorganisiert, so dass ich morgens wusste, welche Aufgaben am Tag anstanden. Das habe ich hier nur bedingt. Natürlich gibt es auch hier feste Abläufe, wie Berichte an den Aufsichtsrat und an die Gesellschafter, aber ich weiß nie mit welchen Anliegen die Gründer, also unsere Mieter, zu mir kommen werden. Ein gravierender Unterschied zu meinen ehemaligen Arbeitgebern ist auch, dass die Entscheidungswege hier viel kürzer sind. Man kann vieles selbst entscheiden und schnell reagieren, ohne zuerst bei mehreren Instanzen nachzufragen.
Im TZK haben Sie es nicht mit nur einem, sondern mit ganz vielen Unternehmen zu tun.
Richtig und jedes arbeitet auf seine eigene Weise. Alle haben ihre innovative und agile Art, unterscheiden sich aber dennoch voneinander. Es ist deshalb wichtig, die Strukturen im jeweiligen Unternehmen zu durchblicken und die entsprechenden Ansprechpartner und Entscheidungsträger zu kennen.
Was genau sind Ihre Aufgaben?
Zu meinen Aufgaben zählt, den Geschäftsführer Jan Hagge zu unterstützen. Dazu gehört Reporting, Controlling, Eventplanung und -organisation, Netzwerkausbau durch Zusammenarbeit mit der Startup League sowie anderen Kooperationspartnern, aber vor allem soll und möchte ich unsere Mieter betreuen und ihre Ansprechpartnerin sein.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Es gibt keinen typischen Arbeitstag im TZK. (lacht) Meistens bin ich spätestens um 7:30 Uhr hier. Das habe ich mir so angewöhnt, weil zu dieser Zeit die Gründer noch nicht da sind und ich somit bis etwa 9 Uhr meine alltäglichen Aufgaben erledigen kann, für die ich mehr Ruhe benötige: Berichte schreiben und E-Mails beantworten zum Beispiel. Um die Mietverträge und Abrechnungen kümmert sich meine Kollegin, Frau Schmalz. Nachdem ich die Routineaufgaben erledigt habe, bin ich zwischen 9 und 16 Uhr in erster Linie für unsere Start-ups da. Wer seine Schlüsselkarte verloren oder Probleme mit seinem Telefon hat, meldet sich bei mir. Die komplette Kommunikation mit den Mietern läuft über mich.
Sie gelten als die Seele des TZK. Wie erleben Sie das?
Es äußert sich unter anderem so, dass sich die Gründer auch gerne mit ihren Sorgen und Nöten an mich wenden. Jeder braucht mal jemanden zum Reden. Die Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich. Ich erhalte auch am Wochenende per Facebook oder WhatsApp Nachrichten von den Gründern und ihren Mitarbeitern, wenn sie gerade im Büro sind, für ihr Event eine Kaffeekanne mehr brauchen und nicht wissen wo welche stehen oder andere Fragen haben. Ich empfinde das als sehr positiv und mag unser freundschaftliches Miteinander.
Eine Assistentin der Geschäftsführung stellt man sich für gewöhnlich nicht so zugänglich, freundschaftlich und locker vor.
Ursprünglich kam ich aus einem konservativen Unternehmen und siezte daher jeden. Anfangs kleidete ich mich schick und kam in Bluse, Stoffhose und Pumps zur Arbeit, bis mich ein Gründer fragte, ob ich auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch sei. Er erklärte mir, dass es hier anders abläuft. Und tatsächlich, sobald ich in meiner Wohlfühlkleidung, also Jeans, T-Shirt und Chucks ins Büro kam, veränderte sich auch meine Einstellung den Gründern gegenüber. Seitdem duzen wir uns und sind auf einer Wellenlänge. Der Kleidungsstil ändert nichts an den Pflichten und der Ernsthaftigkeit, mit der man seinem Beruf nachgeht. Egal ob in Pumps oder Chucks – die Berichte an den Vorstand müssen geschrieben werden. Mir ist aber besonders wichtig, dass sich unsere Mieter im TZK wohlfühlen und mit mir über alles sprechen können.
Es heißt, Sie haben ein Herz für Start-ups. Was gefällt Ihnen an der Gründerszene?
Meine erste Netzwerkveransaltung in dieser Szene war das Gründerglühen 2017 im ISSO. Damals kannte ich kaum jemanden, aber trotzdem stand ich nicht lange alleine rum, sondern wurde direkt aufgenommen.
Mir gefällt auch, dass in diesem Umfeld auf viele sehr unterschiedliche Situationen schnell und einfach reagiert werden kann. Etablierte Unternehmen haben meist Probleme auf schwierige Problemstellungen zügig zu reagieren und sich umzustellen, in einem Start-up sieht das ganz anders aus. Das hat auch die Corona-Pandemie gezeigt. 80 % der hier ansässigen Start-ups konnten von jetzt auf gleich im Homeoffice arbeiten. Es ist spannend und interessant solche Abläufe mitzuverfolgen.
Sie bekommen die Enwicklung der Jungunternehmen von den Anfängen bis zum Auszug mit.
Ja, ich habe etwa zeitgleich mit dem Start-up Sdui die Büros hier bezogen. Es macht froh, wenn man sieht, wie sich so ein Baby entwickelt. Ich bin immer wieder davon begeistert, dass es diesen Ort hier gibt, an dem junge Gründer unterstützt werden, an ihrem Business arbeiten und wachsen können. Den Erfolg, wie im Falle von Sdui, zu sehen, ist wirklich schön.
Im Haus haben die Start-ups ihre eigenen Veranstaltungen, aber das TZK organisiert Events fürs ganze Haus. Auch das gehört zu Ihren Aufgaben. Wie wichtig ist das?
Als Innovationszentrum möchten wir die Firmen miteinander vernetzen, damit sie von ihren jeweiligen Kernkompetenzen profitieren. Hausinterne Veranstaltungen, zu denen alle Start-ups eingeladen werden, sollen das begünstigen. Tatsächlich sind auf diese Weise schon spannende Kooperationen entstanden.
Auf unsere Karnevalsparty werde ich jedes Jahr ab Januar angesprochen. Dann heißt es: “Sara, dürfen wir auch diesmal wieder alle verkleidet kommen?” Im Sommer haben wir das TZK Barbecue, bei dem wir am Nachmittag schön auf der Sonnenterrasse grillen und zum Jahresabschluss gibt es eine Weihnachtsfeier unter dem Motto “TZK goes XMAS”. Bei Glühwein, warmem Essen, Waffeln und lustigen Spielen genießen wir die Zeit miteinander.
Dann feiern ja viele Unternehmen gemeinsam. Funktioniert das gut?
Ja, das ist toll. Bei uns geht es immer lustig zu. Die einzige Herausforderung ist, möglichst viele mit der Einladung zu erreichen. Denn in den Koblenzer Start-ups wird tatsächlich gearbeitet. Alle wollen ihr Unternehmen voranbringen und konzentrieren sich daher lieber auf ihre Aufgaben als Pausen einzulegen und zum Feiern ins Foyer runterzukommen. Inzwischen haben sich unsere Partys aber rumgesprochen und es kommen immer mehr Leute. Je voller es wird, umso besser.
Zusätzlich zu den Community-Events finden hier auch Informationsveranstaltungen statt, bei denen die Start-ups etwas lernen können, richtig?
Das stimmt. Nach Corona wird die erste Präsenzveranstaltung ein Mentorentreffen sein. Wir haben einen Gast aus dem BMW-Vorstand eingeladen, der unseren Gründern gute Tipps aus der freien Wirtschaft geben wird. Auch Workshops und weitere Formate bieten wir üblicherweise in regelmäßigen Abständen an. Dazu zählen auch Treffen mit Juristen.
Wie hat das TZK auf den Lockdown reagiert?
Für uns stellte sich die Frage, was zu tun ist, denn die Start-ups sind eigenständige Unternehmen und organisieren sich selbst. Um Mundschutz und interne Maßnahmen haben sie sich daher selbst gekümmert. Wir haben in jedem Stockwerk am Aufzug einen Desinfektionsspender angebracht und einen auch direkt am Haupteingang platziert. Einer unserer ersten Schritte war, unser Reinigungspersonal zu instruieren. Sie haben die Treppenläufe, Türklinken und alle öffentlichen Plätze besonders gereinigt und desinfiziert. In der Verwaltung haben wir die Präsenzzeiten umgestellt, so dass meine Kollegin und ich von Montag bis Donnerstag im Wechsel jeweils von 8 bis 13 Uhr hier waren, damit tatsächlich immer jemand als Ansprechpartner vor Ort war. Die Arbeit von zu Hause hat sich übrigens bewährt, deshalb haben wir weiterhin die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sofern keine Präsenztermine anstehen.
Und wie haben Sie selbst die Corona-Krise bisher erlebt?
Ich fand das zeitweise ganz furchtbar, denn ich bin sehr gerne im TZK. Auch über meine Arbeitszeit hinaus. Zwischen März und Mai arbeitete ich jedoch viel im Homeoffice und wenn ich ins Büro kam, war es schrecklich ruhig. Aus den Start-ups war ja auch kaum jemand da. Sobald ich die ersten Autos wieder auf dem Parkplatz gesehen habe, bin ich durchs Haus gelaufen und habe die Leute gesucht, um endlich Menschen zu treffen.
Sie erwähnten, dass gleich ein Student kommt, um sich das Coworking Space anzuschauen. Ist die Nachfrage groß?
Letztes Jahr im August fingen wir offiziell mit dem Coworking Space an. Damals konnten noch nicht viele in der Region etwas mit diesem Begriff anfangen, doch inzwischen hat sich das Konzept herumgesprochen und aktuell sind von 12 Arbeitsplätzen 11 vermietet.
Ist die Nähe zur Universität ein wichtiger Faktor für die Start-ups?
Absolut. Die IT-Sparte an der Koblenzer Uni ist sehr stark. Unsere Start-ups freuen sich über die Werksstudenten und die Studierenden profitieren ebenfalls von diesen Erfahrungen. Viele von ihnen werden nach dem Studium von den Unternehmen übernommen, einige gründen selbst. Dieses Miteinander ist ein großes Plus für den Wirtschaftsstandort Koblenz.
Sie verbringen viele Stunden im TZK. Wo holen Sie sich den Ausgleich zum Beruf?
Durch Corona habe ich im Laufen meinen Ausgleich gefunden, weil mir meine anderen Freizeitaktivitäten genommen wurden. Normalerweise bin ich häufig im Stadion und schaue Eishockey, treffe Freunde und fahre zu Konzerten. Ansonsten gibt mir auch meine Arbeit viel. Sie ist im positiven Sinne fordernd. Ich nehme zum Beispiel gerne auch in meiner Freizeit an Veranstaltungen im TZK teil. Das Usability Testessen war eine tolle Erfahrung, aber auch Events wie das Startup Weekend, die übers ganze Wochenende gehen, sind fantastisch. Wenn wir der Austragungsort sind, kann ich auf diese Weise Feedback von den Leuten einholen und live miterleben, was gut läuft und was künftig vielleicht anders gemacht werden sollte. Der Kontakt zu den Menschen bedeutet mir viel.
Haben Sie sich durch die Arbeit im TZK verändert?
Ja, tatsächlich hat das eine Wirkung auf mich. Ich sehe alles nicht mehr so kritisch. Auch private Veränderungen betrachte ich sportlicher und versuche eine Lösung zu finden. Tiefschläge kann es immer geben, aber man darf sich davon nicht entmutigen lassen, sondern muss handeln.
Und aktuell trainieren Sie für den Münz-Firmenlauf?
Ja, gemeinsam mit den Start-ups möchte ich beim Münz-Firmenlauf für die Startup League antreten. Das war ursprünglich überhaupt nicht mein Plan, aber ich war für die Anmeldungen zuständig und wurde automatisch als Teamcaptain aufgelistet. Als solcher muss man mitlaufen. Da ich aber nicht die Sportlichste bin, die hier arbeitet, musste ich im März mit dem Training beginnen. Ich wollte es bis Juni schaffen, die 5 km zu laufen, ohne im Sauerstoffzelt zu landen. (lacht) Wegen Corona wurde die Veranstaltung auf Anfang September verschoben und ich bin schon nah dran am Ziel, daher wird es wohl klappen. Ich freue mich auf den virtuellen Lauf und sehe dem positiv entgegen.
Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg beim Münz-Firmenlauf!